Frankfurter Allgemeine Zeitung, Aufführung 08. April 1979 |
Don Carlos |
Die Apotheose der
Klangmassen |
Kar(ajan) - Woche in Salzburg, Auszug |
An der „Don Carlos“ -Inszenierung vom August 1975
hat Karajan bildlich nichts, in der Führung von Solisten und Chor einiges
geändert Vor allem die Auftritte des zweiten Akts auf dem großen Platz vor
der Kathedrale sind wirksamer geordnet und in Kontrast gebracht. Auch die
Duette Carlos-Posa und das nächtliche Terzett der beiden mit der Eboli
wirkten dramatisch geschlossener als früher. Zu dem großartigen Eindruck des
Abends trugen die Hauptdarsteller das Wesentliche bei. Nicolai Ghiaurov hatte
als König nach dem Monolog des dritten Akts den ersten Beifall auf offener
Szene. Wie er waren Mirella Freni als Elisabeth, Piero Cappuccilli als Posa
und José van Dam als Karl V. von 1975 übernommen. Mit Agnes Baltsa ist für die Eboli eine
Idealbesetzung gewonnen. Mit ihrem in allen Registern schönen und ebenmäßigen
Mezzosopran, ihrer Darstellung eines zwiespältigen Charakters, ihrer
phänomenalen Bekenntnisszene im dritten Akt, stand sie an der Spitze des
Meisterensembles, am Bildschluß leidenschaftlich akklamiert. Neu war auch José
Carreras als Titelheld: ein Tenorist mit blühender Stimme und ein
überzeugender Darsteller des idealistischen Infanten. Walter Hagen-Groll hat die Wiener Choristen der
Staatsoper und des Singvereins mit gewohnter Souveränität vorbereitet. Daß
Karajan noch in der gekürzten vieraktigen Fassung des Werks seine Striche
anbringt, hat seinen künstlerischen Sinn. Die Gesamt-Wirkung, diesmal mit
Berlins Philharmonikern, war ungemein stark, szenisch wie musikalisch. |
H. H. Stuckenschmidt |