Bild Zeitung, Frankfurt |
Die Diva den Tränen
nahe |
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Es war Montag Abend in der ausverkauften
Philharmonie (Eintritt 40 bis 165 Mark): Herbert von Karajan und seine
Philharmoniker‚ spielten “Tosca” die Opernstars Katja Ricciarelli (Tosca),
José Carreras (Cavaradossi) und Ruggero Raimondi (Scarpia) sangen Puccinis
Werk. Was dann kam hatte die Philharmonie (1963 gebaut) noch
nicht erlebt. 2200 Berliner Musikfreunde tobten noch dem letzten Ton wie
Fußballfans beim Siegestor. Damen in langen Abendroben klemmten sich ihre
Brokattäschchen fest unter den Arm, stürmten die Saaltreppen nach unten zum
Orchesterpodium, riefen: “Bravo, bravo!" Ältere Herrn stopften sich
das dicke Programmheft (für 4,80 Mark mit deutsch-italienischen Operntext) in
die Smokingtaschen, rannten wild klatschend hinterher “Wunderbar, wunderbar!” Maestro Karajan stand greifbar nahe und ergriffen oben
vor den so umjubelten Philharmonikern, warf Hunderte von Kußhändchen ins
Publikum. Diva Katia Ricciarelli war den Tränen nahe. Karajans Musiker hatten
sie gefühlvoll und leidenschaftlich zu einer sängerischen Ausnahmeleistung
angespornt, der Jubel raubte ihr die Fassung. Regungslos starrte sie von der
Bühne ins rasende Publikum. Ihr Gebet im zweiten Akt hatte einen Herrn in
Block A (vierte Reihe rechts) so sehr gerührt, daß er hemmungslos weinte. 15 Minuten dauerte der tosende
Beifall. “Diese‚Tosca wird Musikgeschichte machen” sagten die Fans beim
Rausgehen. |
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