Kronenzeitung Wien, Aufführung 10. Juni 1984 |
Karajan dankte unter Tränen! |
Musikverein: Verdi-Requiem |
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Viele in diesem Galakonzert mußten nach der
Aufführung des Verdi-Requiems erst einmal tief Luft holen, ehe sie Herbert
von Karajan in einer Standing Ovation feierten. Es war, als wollten alle im
Goldenen Saal des Wiener Musikvereins dem Maestro zu verstehen geben: Vergiß
die Berliner Querelen, wir stehen zu dir. Karajan verstand. Gerührt umarmte
er Philharmoniker Konzertmeister Küchl und dankte mit Tränen in den Augen. Karajan sparte nicht an Glanz und Theatralik:
Sänger und acht Trompeter, auf der Orgelgalerie effektvoll angestrahlt,
schmetterten ihre Botschaften vom Weltgericht in den Saal; Philharmoniker,
der Chor der Nationaloper Sofia und der Wiener Staatsopernchor steigerten
sich in beklemmenden Todesvisionen. Aber Karajan verstand auch so viel
Verinnerlichung zu beschwören, daß man tief gerührt war. Wunderbar ausgewogen
das Solistenquartett: mit leuchtendem Goldton das Damenpaar Anna
Tomowa-Sintow und Agnes Baltsa, voll wunderbarer Lyrik José Carreras, düster
orgelnd José van Dam. |
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