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Orpheus 5/6/1974

München

Gastspielwochen am Nationaltheater oder Das große Warten auf den Star!

Tosca Giacomo Puccini - 31.3.74

 

Wenige Tage darauf sollte Franco Corelli, groß angekündigt, zum ersten Mal auf der Bühne des Nationaltheaters zu erleben sein. immer opferbereit, wenn es um bedeutende Abende geht, harrten die Münchner denn auch eine ganze Nacht hindurch auf die Öffnung der Kasse. Auch heftiger Gewitter-Regen und hohe Eintrittspreise (immerhin kosteten Stehplätze bis knapp DM 10.—!) konnten die- Erwartungsgeladenen nicht von ihrem Ausharren abbringen. Unnötig zu erwähnen, daß nach wenigen Stunden das Haus restlos ausverkauft war. Diese rührende Geschichte von begeisterter Operntreue fand jedoch vorerst ein trauriges Ende: Corelli sagte ab, angeblich wegen Krankheit (hatte auch er eine Nacht in Nässe und Kälte zugebracht? ).

 

Daß in dieser „Tosca“ dennoch die Sterne blitzen sollten, ist dem jungen Spanier JOSÉ MARIA CARRERAS zu danken, der den erkrankten Star voll und ganz ersetzte. Eine junge, prachtvolle Naturstimme eröffnet nicht nur Hoffnungen, sondern bot weitgehend eine Erfüllung selbst anspruchsvollster tenoraler Wünsche. Schon nach „Recondita armonica“ sah sich der bescheidene Gast vom Publikum stürmisch umjubelt. Daneben war KOSTAS PASKALIS wieder ein packender Scarpia, der mit Stimmgewalt, donnerndem Sprechgesang und seiner stets mitreißenden Bühnenpersönlichkeit begeisterte. Seine Gattin MARINA KRILOVlCl hinterließ, von einer Schwangerschaft gehandicapt, einen sehr matten Eindruck. Die Wogen der Begeisterung erfaßten großzügigerweise aber auch sie.

 

JESUS LOPEZ COBOS setzte am Pult mit einem dramatisch scharf konturierten Verismo-Stil gezielte Akzente.