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COVER, Magazin, Juni 1985

von Peter Kupfer

Interview José Carreras

Für die einen ist er der größte, für die anderen der zweit- oder drittbeste Tenor der Welt. Je nachdem, ob sie ihm Placido Domingo oder Luciano Pavarotti vorziehen. Für die meisten freilich ist er unbestritten der schönste Held der Opernwelt.

Der in Barcelona geborene nunmehr 37jährige Opernheld ist seit mehr als zehn Jahren groß im Geschäft. Allein das ist schon ungewöhnlich genug.,, Da ich so blutjung begann, bin ich jetzt schon ein routinierter Hase“, scherzt Carreras. Und als er einmal mit Leonard Bernstein in New York Plattenaufnahmen für „West Side Story“ machte, sagte der Maestro zu ihm: „Das ist meine letzte „West Side Story“-Platte. Einen besseren Tony als Dich kann ich nicht finden.“ Und Bernstein-Kontrahent Herbert von Karajan bringt 1985 in Salzburg „Carmen“ lediglich unter der Bedingung heraus, daß Carreras und Agnes Baltsa das große Paar sind.

Man kann mit José Carreras, der in Barcelona eine Villa mit Swimmingpool und Tennisplatz besitzt, aber dort höchstens vier Wochen pro Jahr wohnt, über vieles reden. Über Politik, Frauen, Oper, aber er wird stets seine Antworten mit Zweideutigkeiten und einem gewissen Augenzwinkern geben.

Aus der letzten Reserve freilich ist er kaum zu locken. Es sei denn, man spricht über den Fußballklub FC Barcelona. Da kommt einem der Mann, der 25.000 Mark Abendgage kassiert, wie Herr Meier vor, der am Fußballplatz schreit: „Mann, du mit deinen X-Beinen willst einen 50-Meter-Paß machen“. Carreras muß stets Risiko eingehen —wie ein Fußballer beim 40-Meter-Paß. Dennoch sagt er: „Maradona hat es viel schwerer...

 

COVER: Sie sehen aus wie einer, bei dem die Frauenwelt nicht nur, wenn Sie ein hohes C singen, in Verzückung gerät. Ist das ein Vorteil?

CARRERAS: Ich habe Appeal. Aber auch Pavarotti hat Appeal und der ist 150 Kilo schwer. Doch ich gebe gerne zu, daß mein Aussehen kein Nachteil ist.

Sie meinen die Silberfäden im schwarzen Haar, ihre bernsteinfarbenen Augen... nützen Sie aus, daß Sie bei den Frauen so gut ankommen?

Sehen Sie, ich weiß, was ich haben könnte, das genügt.

Gibt es einen Frauentyp, dem Sie ziemlich hilflos gegenüberstehen?

Vielleicht die mächtigen Frauen, die allzu emanzipierten.

Und ihre Bühnenpartnerinnen. Sie bilden doch das Liebespaar mit Ihrer Kollegin Katia Ricciarelli?

Wir kennen uns lange und mögen uns sehr. Wissen Sie, einer Bühnenpartnerin bringt man vor allem viel Hochachtung entgegen. Natürlich ist es so, daß man die eine mehr und die andere vielleicht ein bißchen weniger mag. Die Agnes Baltsa etwa, die ist für mich großartig als Kollegin. Wir sind echte Kumpel. Das merkt man wohl auch auf der Bühne.

Sie sind doch Viel unterwegs, fast 80 Prozent des Jahres auf Achse. Muß es da nicht zwangsläufig zu flüchtigen Abenteuern kommen?

Es kann, jawohl. Aber es muß nicht immer. Außerdem finde ich, daß es Grenzen gibt in einem Interview. Ich muß nicht meine intimsten Details aus dem Privatleben ausplaudern. Das interessiert wohl auch kaum jemanden..

Ihr Casanova—Image ist also lediglich eines, das von der Bühne stammt?

Das kann sich jeder denken wie er will. Ich bin jedenfalls nicht einer, der — wie ich unlängst von einem Kollegen gelesen habe — lauthals verkündet, daß er jede Nacht eine andere Frau braucht. Richtig ist vielmehr, daß man nach einer Vorstellung eben aufgewühlt ist und sicher nicht gleich ins Bett gehen kann. Mir geht es so jedenfalls.

Was machen Sie dann?

Manchmal gehe ich einfach spazieren, oder ich gehe essen, ab und zu auch einmal ins Spielcasino.

Sind Sie ein Spieler?

Ich liebe das Risiko. Aber es muß kalkulierbar sein. Ich setze mir stets ein Limit.

Einmal, so habe ich gehört, haben Sie im Wiener Spielcasino 90.000 Mark gewonnen...

Ja, da habe ich viel gewonnen. Aber ich mache mir da nichts vor. Der Spieler ist auf lange Sicht gesehen, immer der Verlierer. Ich sagte ja, deshalb mein Limit.

Beim Singen kennen Sie aber kein Limit?

Ich bin jetzt im besten Alter für einen Tenor. Jetzt habe ich die Erfahrung, die man braucht. Ich kam so jung ins Rampenlicht, da macht man einfach Fehler... Aber immer noch gilt für mich: Ich singe lieber jeden Abend voll — und dafür nicht bis zu meinem 60. Geburtstag. als mein Publikum zu beschwindeln.

Ist da nicht die Gefahr sehr groß, daß man verbrennt. Wie eine Kerze, die an beiden Enden brennt?

Die Gefahr ist da, aber mit der Erfahrung lernt man auch, seinen Körper als Instrument einzuschätzen. Ich bin da sehr diszipliniert. Ich trinke nicht, ich rauche nicht, ich lebe möglichst gesund. Man wird doch sehr gefordert. Denken Sie nur an die Tatsache, daß wir ununterbrochen unterwegs sind. Dauernd in anderen Klimazonen auftreten. Das ist eine starke physische Belastung. Von den Nerven gar nicht zu reden, die man vor einer Premiere braucht...

Wie bereiten Sie sich da vor?

Zumeist gehe ich eine Stunde spazieren. Oft bin ich bis zu zwei Stunden vor Beginn in der Oper. Ich brauche die Atmosphäre um aufgeladen zu werden. Ich singe mich dann voll ein — und werde manchmal ziemlich nervös. Ich fühle einfach die große Verantwortung. Manchmal ist es verdammt hart, Opernsänger zu sein. Manchmal wundervoll. Aber ich brauche die stete Herausforderung, ich bin süchtig nach dem Risiko. Am Abend, da ist man manchmal wie ein Artist am Hochseil ohne Netz. Da muß man auch ab und zu ein Hasardeur sein, aber ehrlich, der Diego Maradona hat es schwerer...

Wie ist das Gefühl. wenn man eine Premiere erfolgreich hinter sich hat?

Da bin ich unheimlich gelöst und locker. In einem fast trance-artigen Zustand.

Und wenn es einmal nicht so geklappt hat?

Dann suche ich bei mir die Fehler und versuche aus Niederlagen zu lernen. Wenn man top ist, muß man zu sich ehrlich sein, sonst ist man verloren.

Es gibt da auch den immer wiederkehrenden Witz, wonach Tenöre einfach dumm sein müssen..

Das scheint Legende zu sein. Vielleicht resultiert das auch daraus, daß ein Tenor— das ist ja eine für einen Mann unnatürliche Stimmlage — disziplinierter leben muß, als ein Bariton etwa. Ich vergleiche Tenöre mit Hochleistungssportlern. Eine Winzigkeit schon kann zum Desaster führen. Solange Körper und Seele in Ordnung sind. ist es auch die Stimme.

Tenöre rennen also meist mit Schal herum?

Wirklich nicht. Ich versuche möglichst normal zu leben. Natürlich hat das mit einem Normalbürger nichts zu tun. Der arbeitet ja in der Regel auch nicht bis Mitternacht. Ich schlafe sehr lange und baue mich dann langsam auf. Schließlich muß ich erst am Abend eine Höchstleistung bringen.

Ist das Publikum heute verwöhnter als früher ?

Ich könnte mir das vorstellen. Allein schon deshalb, weil die Leute heute durch großartige Platten- oder Digitalaufnahmen verwöhnt sind.

Wie würden Sie sich als Sänger definieren ?

Ich bin ein romantischer Held für wenige Stunden. Aber ich lebe 1985—und deshalb kann und will ich mich vor Alltagsproblemen nicht verschließen. Ich bin ein politisch denkender Mensch. Ich wuchs in einem Spanien Francos auf. Da wurde uns in der Schule eingepaukt, daß Stierkampf und Fußball das Wichtigste ist. Nur, um von der Politik abzulenken. Heute haben wir eine Demokratie — und ich bin zutiefst überzeugt, daß Spanien diese Veränderung braucht.

Ihr Vater, der Lehrer war, wurde sogar zum Verkehrspolizisten degradiert, weil er politisch anderer Meinung war...

Er war Sozialist, deshalb die Repressalien. Wir waren eher arm, auch wenn wir nie Hunger litten. Das vergißt man nicht. Auch dann nicht, wenn man sich viel leisten kann. Ich glaube sagen zu können, daß ich mich im Herzen nicht verändert habe.

Nach außen schon. Sie fahren einen Mercedes 500, haben eine sündteure Villa, kamen nach Wien‚ mit 85 Hemden im Koffer und 20 Paar Schuhen, was Sie nicht daran hinderte, weitere drei Paar Schuhe zu kaufen und 6 Hemden...

Das hat vielleicht mit Nachholbedarf etwas zu tun. Auch mit Therapie. Man sitzt in einer Stadt und will sich Freude bereiten. Dazu gehört für mich auch das Einkaufen.

Eine Ersatzhandlung also...

Wenn Sie so wollen — Ja!

Sie sind verheiratet, haben zwei Kinder. Wie können Sie das Familienleben halbwegs aufrecht halten, wenn Sie dauernd unterwegs sind?

Wir Carreras sind ein Clan. Aus der Familie beziehe ich viel Kraft. Wenn ich Zeit habe, fliege ich rasch nach Barcelona. Da widme ich mich vor allem meinen Kindern. Manchmal geben wir dann auch eine Kinderparty —oder ich spiele mit den Kindern Fußball oder Pelota

Zurück zur Oper. Finden Sie auch, daß das eine versteinerte Kunst ist?

Nein. Man muß sich mit der Irrealität der Oper abfinden, aber sie ist absolut ein lebendiges Gebilde. Es stellt ja auch keiner in Zweifel. daß in der Oper gesungen wird — und nicht gesprochen. Oper ist einfach Kulturgut und nicht aktuell. Man kann sie — meiner Meinung nach in Grenzen — interpretieren. Oper, das ist Märchen, Liebesroman, Verzauberung. Oper ist oft mehr als Schauspiel. Da wird etwa ein Schauspiel vertont —und plötzlich merkt man, daß die Oper stärker ist, weil da einfach die Dimension der Musik dazukommt.

Warum kann man sich da nicht auf Schallplatte oder Video konzentrieren?

Weil an der Oper der Live-Charakter das Entscheidende ist. Das bringt die Spannung, das ist es, warum man in mancher Aufführung eine Stecknadel fallen hören kann.

Oper ist immer mehr auch Schauspiel geworden. Muß man als Sänger auch Schauspieler sein?

Der Darstellung wird — zu Recht — heute viel Platz eingeräumt. Und das ist richtig. Sehen Sie — die Baltsa erreicht als Carmen nicht nur durch ihre große Stimme die Wirkung. Sie ist die Carmen in jeder Bewegung. Man muß auch mit Gesicht und Körper Freude und Leid zum Ausdruck bringen können. Die Zeiten, in denen Opernsänger wie Klötze herumgestanden sind, die sind ein für allemal vorbei.

Was halten Sie von dem Spielchen wer nun der beste Tenor der Welt ist. Pavarotti, Domingo oder Carreras?

Ein nettes Spielchen...

Ihr Platz ist Ihnen egal?

Eins, Zwei, Drei ist einerlei. Wichtig ist, daß man das Beste gibt, daß man sich wohlfühlt, daß man Erfolg hat — und manchmal auch kleine Niederlagen. Ich singe nicht, um erster, Zweiter oder Dritter zu sein —sondern um geliebt zu werden.

Haben Sie schon einmal daran gedacht, daß Ihnen die Stimme wegbleiben könnte?

Denkt der Skifahrer im Steilschuß daran, daß er stürzen könnte? Man ist einfach darauf konzentriert, gute Arbeit zu leisten. Außerdem denke ich positiv.

Wollten Sie immer Sänger werden?

Zumindest, seit ich mich erinnern kann. Ich war fünf oder sechs Jahre alt, da sah ich Mario Lanza im Kino — und ich wußte, daß ich gerne so sein würde wie er. Ich studierte dann zwar Chemie, aber wie man heute weiß, die Oper hat gesiegt.

Man nennt die Tenöre die Könige der Oper...

König zu sein, das stelle ich mir schrecklich vor. Denken Sie doch an die Königsdramen. Da ist doch so etwas wie Liebling der Massen besser...

Um das zu sein. Welche Opfer muß man bringen?

Jeden Tag, wenn ich aufwache, ist die Stimme anders. Einmal brauche ich eine halbe Stunde um in Form zu kommen, manchmal viele Stunden. Dann wieder ist man verkühlt... Man darf einfach nicht daran denken, was sein könnte, Sonst wird man neurotisch.

Es gibt also diese Angst?

Ja, ich leugne nicht. Ich kenne keinen guten Sänger, der nicht Angst hat. Je größer der Erfolg, desto größer die Verantwortung.

Derzeit haben Sie eine wahre Carmen-Welle. Wie erklären Sie sich das?

Die Carmen enthält Sex und Crime, das mögen die Leute. Dann ist die Titelfigur eine Femme fatale, ein Weib, das wie ein Abgrund und stärker als wir Männer ist. Der militante Feminismus ist, glaube ich, passé und da fesselt so ein Frauentyp, den es ja in Wirklichkeit auch gibt. Ich selbst habe viele erfolgreiche Frauen erlebt, die jetzt wieder in ihre alte Rolle schlüpfen.

Die Opernintendanten in aller Welt beklagen, daß die guten Sänger immer rarer werden. Finden Sie das auch?

Das stimmt. Ich sehe derzeit keine großen Talente. Dabei wollen viele junge Leute singen, aber es fehlen einfach die guten Lehrer. Was auf den Markt kommt, sind zumeist große Stimmen ohne Talent oder große Talente ohne Stimme. Selbst die zehn Top-Sänger der Opernszene können sich heute nicht mehr mit einem Phänomen wie Caruso messen.

Und Sie selbst?

Auch ich habe keine phantastische Stimme. Es sind aber auch die Anforderungen heute anders. Man muß nicht mehr nur singen, man muß auch spielen. Das kostet Kraft.

Wie erklären Sie sich, daß in Verona etwa 22.000 zu Verdi oder Bizet rennen, die zeitgenössischen Opernkomponisten jedoch kaum Zulauf haben?

Die Musik der heutigen Opernkomponisten ist oft zu intellektuell und trifft deshalb nicht ins Herz des Publikums. Wobei die Schuld nicht an den Zuhörern liegt: Das Publikum hat immer recht. Es würde bestimmt Leuten wie Mozart oder Verdi nachlaufen, wenn sie heute für die Oper komponieren würden.

Ist Oper nicht zu elitär, haben nicht zuwenige die Chance eine Karte zu bekommen?

Kollegen von mir, wie Peter Hofmann etwa, aber auch ich, versuchen an ein breiteres Publikum heranzukommen und das Interesse für Oper zu wecken. Es packt mich dann die Wut, wenn ich höre, daß die keine Karte bekommen können. Sehen Sie etwa die Salzburger Festspiele. Die sind sicher elitär—und Karajan ist ein außerordentliches Genie, aber eine Eintrittskarte kostet 500 Mark. Der Preis entspricht nicht meinen Vorstellungen. In Verona kostet der Eintritt etwa 35 Mark — und das Festival hat den Zweck, die breite Masse zu erreichen. Das ist in meinen Augen genauso wichtig. Ich würde mir wünschen, daß ich, wenn ich das nächste Mal in Salzburg bin, auch einmal für viele Menschen zu billigeren Preisen auftreten könnte.

Und wer zahlt da ihre Gage?

Ich würde ohne weiteres eine Einbuße hinnehmen — oder sogar für einen wohltätigen Zweck singen.

Das heißt, Sie könnten sich auch vorstellen, leichte Muse wie ihre Kollegen Hofmann, Domingo und Kollo zu singen?

Warum nicht. Mir gefällt moderne Musik. Die Beatles, der Elton John, aber auch Musicals. Das ist doch keine Sünde —und kratzt auch nicht an meiner Stimme. Das haben doch früher auch die berühmtesten Sänger gemacht. Es ist doch eine Auszeichnung, wenn Millionen Gefallen finden. Ich finde diese strikte Trennung zwischen E- und U-Musik nicht okay. Für mich existiert nur gute und schlechte Musik.

Sie treten so ungefähr fünfzig bis sechzig Mal pro Jahr auf Könnten Sie auch öfter auftreten und noch mehr verdienen?

Sicher, aber man muß auch auf die Stimme achten. Da geht es nicht nur um Geld. Klar, es gab auch schon den Fall, daß ich etwas angenommen habe, weil das Angebot zu verlockend war. Aber ich habe auch schon umsonst gesungen, weil ich vom Zweck überzeugt war.

Ihr Terminkalender ist ausgebucht. Derzeit—so glaube ich— fast lückenlos bis Ende 1986. Sehnen Sie sich manchmal zurück in die Zeit, als sie einfach tun konnten, was Sie wollten?

Natürlich kennt man diese Sehnsüchte. Ich träume zum Beispiel davon, einmal in einem Wohnmobil mit Freunden wochenlang kreuz und quer durch Nord- und Südamerika zu fahren. Eines Tages werde ich das auch tun. Ich beklage mich aber nicht, weil es ein Geschenk Gottes ist, daß ich heute so gut leben kann. Ich muß mit den Vorteilen auch die Nachteile in Kauf nehmen. Ich will eben Karriere machen. Ich könnte sie ja auch einfach abbrechen.

Genug verdient hätten Sie schon?

Mehr, als ich mir jemals erträumte.

Was treibt Sie also?

Sicher nicht das Geld. Es ist die Herausforderung immer wieder den Gipfel zu besteigen, neue Gipfel zu besteigen. Es ist das Risiko, es ist das Glücksgefühl danach. Es ist das Publikum, dem ich gerne verpflichtet bin. Mein Manager würde das nicht gerne hören — aber ich würde auch gratis singen, weil Singen mein Leben ist.

Stets diese Herausforderungen. Gibt es da auch die Versuchung, wie bei Popkünstlern, sich mit Drogen aufzuputschen?

Darüber habe ich einmal mit Paul McCartney gesprochen. Er vertrat die Meinung, daß Drogen nichts bringen. Drogen sind eher eine große Gefahr, denn eine Hilfe. Natürlich gibt es Situationen, da braucht man einfach mal eine Vitaminspritze oder Kalcium oder sowas. Aber nur nach Absprache mit dem Arzt.

Sind Sie ein Hypochonder?

Nein. Ich achte nur sehr auf meine Gesundheit. Es kann schon vorkommen, daß ich extra aus London nach Wien zum großartigen Dr. Kürsten fliege. weil mich etwas im Hals-Nasen-Rachenraum plagt.

Warum sind es eigentlich gerade die Tenöre, die dem Publikum so das gewisse Prickeln beibringen?

Das hängt vermutlich mit der Stimmlage. mit den Schwingungen zusammen — und damit, dass eben wunderbare Arien für Tenöre geschrieben wurden.

Schwingungen bis in den Unterleib?

Da sollten Sie eine Publikumsbefragung machen. In der Opernpause, das wäre wohl amüsant und interessant.

Sie bekommen doch sicher von Verehrerinnen außer Blumen auch noch andere Geschenke. Was denn — und was schreiben Sie Ihnen? Sie gelten doch als der Sunnyboy der Oper!

Ich bekomme viele Sachen. Von Kuchen bis zu Puppen und Pölsterchen. Natürlich auch Briefe — wenn Sie es hören wollen — auch Anträge. Aber ich behandle aus Prinzip alles absolut diskret. Ich will niemanden bloßstellen. Wissen Sie, diese kleinen Liebesbeziehungen sind doch auch etwas Wunderbares. Man spürt, daß man gemocht wird. Ich bin dafür dankbar.

Was mögen Sie eigentlich eher nicht an Ihrem Beruf?

Vor allem manche Einladungen zu Gesellschaften, bei denen man gute Miene machen muß. Nur um des Geschäftes willen gehe ich nicht aus. Da sitze ich lieber vor dem Fernsehapparat und sehe mir einen meiner vielen Videofilme an.

Welche etwa?

Alles mögliche. Von E.T. bis „Prénom Carmen“. Ich liebe Kino.

Haben Sie selbst Filmpläne?

Es ist einiges in Diskussion. Und ich würde gerne in einem dieser Projekte mitwirken.

Nochmals zur Oper. Sie gastieren in allen großen Opernhäusern der Welt. Von der Scala bis zur Met, von Covent Garden bis zur Wiener Staatsoper. Wie fällt der Vergleich aus?

Wien besitzt das beste Opernorchester, das nur noch mit dem der Mailänder Scala vergleichbar ist. Zieht man von den Produktionen her Vergleich, so meine ich, daß die Scala wohl Spitze ist. Wenn sich dort eine Produktion gut durchsetzt, ist sie in der Regel besser als alles, was auf anderen Bühnen hervorgebracht wird. Ist es freilich ein Reinfall, dann gleich gewaltig. Man sieht schon, die Vergleiche, die Hitparaden haben alle einen Haken...