Zum Inhalt/To index
 
 
 
 

 

Un Ballo in Maschera  Giuseppe Verdi

Deutsche Oper Berlin 

Aufführungen am 28.5. und 31.5.1975

Riccardo José Carreras
Renato Ingvar Wixell
Amelia Katia Ricciarelli
Ulrica - Eva Randova
Oscar - Costanza Cuccaro
Silvano - George Fortune
Samuel - Victor von Halem
Tom - Ivan Sardi
Richter - Leopold Clam
Diener - Robert Koffmane
Dirigent - Jesus Lopez Cobos
Inszenierung Ernst Schröder
Ausstattung . Michel Raffaelli,
Chöre - Walter Hagen-Groll
Tänze . Galina Jor...wa
 

Im vorigen Jahr stellte sich JOSÉ CARRERAS erstmals in den konzertanten Aufführungen von Mercadantes „Giuramento" dem Publikum der Deutschen Oper Berlin vor — und der Wunsch, ihn in einer Opernaufführung abermals erleben zu können, war groß. Daß das Wiederbegegnen ausgerechnet in der dubiosen „Maskenball"-Inszenierung stattfinden mußte — nun, José Carreras machte die szenischen Begleitumstände vergessen. Selbst alte „Publikums-Hasen“ müssen wohl tief in ihrer Erinnerung kramen — einen derartigen Riccardo hat man hierorts lange nicht gehört. Die Stimme, leicht und sicher, musikalisch, scheint mit den Noten zu tanzen, die Arien werden zu beglückenden Augenblicken: daß der pure Wohlklang die dramatische Ausdeutung nicht erstickt, ist der große Glücksfall. Namentlich in der ersten Aufführung am 28.5. war der Sänger in Höchstform, und es dürfte wohl keinen anderen geben, der ihm das zur Zeit nachmachen könnte. José Carreras hat hier Maßstäbe gesetzt, die zu erreichen schwer sein dürften. Dieser junge erstaunliche Sänger ist eine Herausforderung. Mit ihm kam ein weiterer illustrer Gast an die Spree, KATIA RICCIARELLI, preisgekrönt und mit schwerwiegendem Vor-Ruhm belastet. Am 28.5. bot sie eine, wenn auch nicht unbedeutende, so doch nun auch nicht gerade sensationelle Leistung als Amelia. Die Stimme mit dem guten Fundament hat den Reifeprozeß im Geschwindschritt durcheilt. Dabei sind noch Schlacken-Reste verblieben, und zuweilen erscheint die Stimme, der zu früh und zu schnell die ganz großen Rollen zugemutet wurden, für die Zukunft gefährdet. Am zweiten Abend hatte die Sängerin wesentlich mehr Sicherheit und auch Differenzierung zu bieten, und José Carreras — mit dem sie nicht — wie fälschlich von einer Berliner Tageszeitung verbreitet wurde, ehelich verbunden ist — war ihr ein guter und einfühlender Partner. Im großen Duett des 2. Aktes Vereinten sich beide Stimmen zu stürmisch bejubelter Einheit. Den Fehler, Stars mit unbedeutenden Partnern zu koppeln, beging man in Berlin nicht. INGVAR WIXELL trumpfte mit seiner fast schon übermächtigen Baritonstimme, deren piano- Fähigkeiten in letzter Zeit etwas zu wenig genutzt werden, als Renato auf. Den Mitagierenden verpflichtet fühlte sich auch EVA RANDOVA, deren Ulrica das Publikum mit Bravo aufnahm. In bester stimmlicher Verfassung präsentierte sich COSTANZA CUCCARO als Oscar, und GEORGE FORTUNE war für diese Vorstellungen kollegialerweise in die kleine Rolle des Silvano (statt wie üblich Renato) geschlüpft. Vortrefflich bewährten sich VICTOR VON HALEM und IVAN SARDIS Verschwörer. WALTER HAGEN-GROLLS "Meistersinger“-Chor machte seinem guten Ruf alle Ehre.

An den stürmisch umjubelten Abenden hatte JESUS LOPEZ COBOS einen ganz besonders großen Anteil. Nicht nur, daß der Kontakt zur Bühne tadellos klappte, die Partitur erfuhr unter seiner Hand eine vollgültige Deutung. Es gab keine Tonschwelgerei, es wurde eine mitatmende, mitlebende Musik, das Drama wurde vom Orchester nachvollzogen. - Margot E. Hoffmann -