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Un Ballo in Maschera Giuseppe Verdi |
Deutsche Oper Berlin |
Aufführungen am 28.5. und 31.5.1975 |
Riccardo José Carreras |
Im vorigen Jahr stellte sich JOSÉ CARRERAS
erstmals in den konzertanten Aufführungen von Mercadantes „Giuramento"
dem Publikum der Deutschen Oper Berlin vor — und der Wunsch, ihn in einer
Opernaufführung abermals erleben zu können, war groß. Daß das Wiederbegegnen
ausgerechnet in der dubiosen „Maskenball"-Inszenierung stattfinden mußte
— nun, José Carreras machte die szenischen Begleitumstände vergessen. Selbst
alte „Publikums-Hasen“ müssen wohl tief in ihrer Erinnerung kramen — einen
derartigen Riccardo hat man hierorts lange nicht gehört. Die Stimme, leicht
und sicher, musikalisch, scheint mit den Noten zu tanzen, die Arien werden zu
beglückenden Augenblicken: daß der pure Wohlklang die dramatische Ausdeutung
nicht erstickt, ist der große Glücksfall. Namentlich in der ersten Aufführung
am 28.5. war der Sänger in Höchstform, und es dürfte wohl keinen anderen
geben, der ihm das zur Zeit nachmachen könnte. José Carreras hat hier
Maßstäbe gesetzt, die zu erreichen schwer sein dürften. Dieser junge
erstaunliche Sänger ist eine Herausforderung. Mit ihm kam ein weiterer
illustrer Gast an die Spree, KATIA RICCIARELLI, preisgekrönt und mit
schwerwiegendem Vor-Ruhm belastet. Am 28.5. bot sie eine, wenn auch nicht
unbedeutende, so doch nun auch nicht gerade sensationelle Leistung als
Amelia. Die Stimme mit dem guten Fundament hat den Reifeprozeß im
Geschwindschritt durcheilt. Dabei sind noch Schlacken-Reste verblieben, und
zuweilen erscheint die Stimme, der zu früh und zu schnell die ganz großen
Rollen zugemutet wurden, für die Zukunft gefährdet. Am zweiten Abend hatte
die Sängerin wesentlich mehr Sicherheit und auch Differenzierung zu bieten,
und José Carreras — mit dem sie nicht — wie fälschlich von einer Berliner
Tageszeitung verbreitet wurde, ehelich verbunden ist — war ihr ein guter und
einfühlender Partner. Im großen Duett des 2. Aktes Vereinten sich beide
Stimmen zu stürmisch bejubelter Einheit. Den Fehler, Stars mit unbedeutenden
Partnern zu koppeln, beging man in Berlin nicht. INGVAR WIXELL trumpfte mit
seiner fast schon übermächtigen Baritonstimme, deren piano- Fähigkeiten in
letzter Zeit etwas zu wenig genutzt werden, als Renato auf. Den Mitagierenden
verpflichtet fühlte sich auch EVA RANDOVA, deren Ulrica das Publikum mit
Bravo aufnahm. In bester stimmlicher Verfassung präsentierte sich COSTANZA
CUCCARO als Oscar, und GEORGE FORTUNE war für diese Vorstellungen
kollegialerweise in die kleine Rolle des Silvano (statt wie üblich Renato)
geschlüpft. Vortrefflich bewährten sich VICTOR VON HALEM und IVAN SARDIS
Verschwörer. WALTER HAGEN-GROLLS "Meistersinger“-Chor machte seinem
guten Ruf alle Ehre. An den stürmisch umjubelten Abenden hatte JESUS LOPEZ COBOS einen ganz
besonders großen Anteil. Nicht nur, daß der Kontakt zur Bühne tadellos
klappte, die Partitur erfuhr unter seiner Hand eine vollgültige Deutung. Es
gab keine Tonschwelgerei, es wurde eine mitatmende, mitlebende Musik, das
Drama wurde vom Orchester nachvollzogen. - Margot E. Hoffmann - |
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