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Orpheus 11/1981

 

Tosca   Berlin -  25.8.81

 

Bereits die ersten Tage der neuen Intendanz von Götz Friedrich zeitigen erstaunliche Dinge. Statt des heiß erwarteten West-Berlin-Debüts von Anna Tomowa-Sintow kam es am 25. August zu einem Ereignis, das den Berliner Opernfreunden den Atem stocken ließ: Für die absagende Bulgarin sprang kurzfristig eine der meistumworbenen Primadonnen unserer Zeit als Tosca ein — MONTSERRAT CABALLE. Auch dies ein Debüt an der Deutschen Oper Berlin. Man bedenke! Mit Auftrittsapplaus bedacht, durchrauschte die hochdotierte Spanierin den ersten Akt mit Allüre und stimmlichern Glanz, daß sowohl Hinhören wie Hinsehen eine Lust war. Mit dem alle Register ziehenden INGVAR WIXELL als kraftschwingendem, elegantem Scarpia bot sie einen zweiten Akt, der sie gänzlich zum Bild einer Primadonna assoluta werden ließ, so weit, daß man schließlich die Caballé nicht mehr von der von ihr verkörperten Tosca trennen konnte; wozu auch gehörte, daß der Sprung von der Engelsburg unterblieb und in der linken Seitengasse endete.
Als Dritter im Bunde war JOSE CARRERAS ein hingebungsvoller Cavaradossi, strahlend in Stimme und Auftreten. JESUS LOPEZ COBOS, der das Finale des 1.Aktes von jahrzehntelanger Partiturschlamperei gereinigt hatte und so zu erstaunlich neuer Wirkung bringen konnte (durch den „Te deum"-Chor ohne Orchester, nur mit Orgel. gelangte Scarpias Crescendo endlich zu hörbarem Effekt), setzte nicht auf die üblichen .‚Tosca"-Kraßheiten, sondern deckte die Feinheiten von Puccinis Komposition feinnervig auf und gab so den Sängern eine subtile Gesangsbasis. Die Ovationen am Schluß erreichten Hitzegrade, wie sie hier lange nicht mehr zu erleben waren.