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Oper und Konzert 5/1982

 

Tosca 1982,   BERLIN 

 

So etwas gibt es auch im reichbestückten Berliner Konzertalltag nur im Jubiläumsjahr: „Tosca“, dieses Effektstück voll Schmiß, in einer konzertanten Wiedergabe unter Herbert von KARAJAN. Seit jeher mit den Ausdrucksmöglichkeiten der menschlichen Stimme aufs engste vertraut, zeigt der Chef, mit welchem Klangsinn er zu begleiten und zeigen seine PHILHARMONIKER, mit welcher Delikatesse sie zu phrasieren wissen. Uns wird einmal mehr bewußt, was wir in dieser Stadt an der Großartigkeit des Operndirigenten von Karajan versäumt haben. Es ist erstaunlich, was sich selbst hier auch ohne die Lebendigkeit der Bühnen-Spannung ins weite philharmonische Rund verströmt. Herbert von Karajan, der die Arbeiten der sogenannten „kritischen Regisseure“ — ob zu Recht oder Unrecht — als Unfug bezeichnet hat, verwirklicht sich wieder all das, was er ja auf seine unnachahmliche Weise immer gewesen ist: ein Regisseur des Klangs. Mit langem Atem für das Lyrische begleitet er die verführerische Süße seiner Heldin (Katia RICCIARELLI). Wuchtig türmt er die sieghafte Impulsivität des Blechs, wenn sich Baron Scarpia (Ruggero RAIMONDI) im Te Deum mit dunklen, wenn auch nicht allzu kräftigen Stimmfarben als ein menschenverachtender Heuchler zeigt. Frisch im Zugriff, wie es dem beherzten, aufrechten Wesen Cavaradossis entspricht, begibt sich José CARRERAS mit gewachsener metallischer Durchschlagskraft zwischen die Fronten von politischer Gewaltherrschaft und geheimem Widerstand. Wie vielfältig selbst die Gefühlswelt der Randfiguren ist, wird einem erst inmitten dieses hochkarätigen Musizierens bewußt. Gottfried HORNIK gibt dem Angelotti ebenso scharfes Profil wie Heinz ZEDNIK dem Spitzel Spoletta. Hier, wo selbst der Gefängniswärter von Victor von HALEM mit warmem Timbre schön gesungen und der kauzige Mesner von keinem geringeren als Fernando CORENA charakterisiert wird, sammeln sich künstlerische Hochleistungen, wie sie eben nur die Schallplattenindustrie auf die Beine stellt.