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Tosca - 22. 1. 1986

OPERNHAUS ESSEN

 

Umbesetzungen am Pult und auf der Bühne machten neugierig auf diesen siebten „Tosca-Abend der mit Ehrgeiz auf ihre neue Spielstätte, den „Aalto-Bau“, hinarbeitenden Essener Oper. Die Unstimmigkeiten der Inszenierung von Gilbert DEFLO, derentwegen auf die Rezension des Erstberichterstatters in OPER + KONZERT 2/86 verwiesen sei, fielen kaum auf, denn die Konzentration galt primär einer fesselnden musikalischen Interpretation durch die drei Protagonisten. An ihrer Spitze stand José CARRERAS mit einem angenehm lyrisch angelegten, stilvoll gesungenen und persönlichkeitsintensiven Cavaradossi. Daß seine „Vittoria"-Rufe eher etwas vorsichtig angesetzt waren und er auch mit den Schmerzensschreien sehr sparsam verfuhr, fiel nicht sehr ins Gewicht und zeugt von erfahrener Rollendisposition. Für die kurzfristig erkrankte Natalia Troitskaya sprang die Premierenbesetzung Maria ABAJAN von einer „Nabucco"-Serie in Düsseldorf kommend ein und imponierte mit der auch vokal abgesicherten lmpulsivität der rohlengemäßen Primadonna, ohne die zarten Töne — etwa im „Vissi d'arte“ zu vernachlässigen. Mit dem nach Deutschland zurückgekehrten Rumänen Karoly SZILAGYI stand ein ungemein hell timbrierter, faszinierend intensiver Scarpia beiden nicht nach. Die Hausbesetzung in den kleineren Partien konnte dieses Niveau naturgemäß nicht mithalten. Am Pult des in den Anfangstakten etwas wackelnden Philharmonischen Orchesters stand jetzt Heinz WALLBERG, dem für einen Puccini-Spezialisten das Temperament fehlt, der aber sängerfreundlich leitete und eine geschlossene Interpretation garantierte. Klaus-Ulrich Groth