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Orpheus 6/1980

MANNHEIM - Festliche Opernabende - „200 Jahre Nationaltheater“

TOSCA — 21.5.1980 

 

Das Orchester des Nationaltheaters und sein Dirigent HANS WALLAT hatten auch bei „Tosca“ einen großen Tag. In tausend unterschiedlichen Klang-Facetten funkelte es da, paßte sich den dramatischen Momenten des Sardouschen Reissers mit prunkender Bombastik an (Blechbläser!) und malte beispielsweise in der Einleitung zum 3. Akt ein impressionistisches Tongemälde á la Debussy. Die Tosca gab GRACE BUMBRY als attraktive, expressive Diva, ein wenig spröde in der Hinwendung zu Cavaradossi; die hohen Töne machten ihr Beschwerde und bei manchem veristischen Ausbruch durfte man zweifeln, ob dies nun dramatische Leidenschaft oder stimmbedingtes Hilfsmittel war. Über jede Kritik erhaben jedoch die Persönlichkeit und das wahrhaft aufregende Timbre der Sängerin. Man mag hoffen, daß der „Fehltritt‘ von der Engelsburg, der zu Schmerzenstränen beim jubelnden Schlußapplaus führte, nicht weiter von Folgen ist. JOSE CARRERAS glänzte als Cavaradossi mit verhaltener Leidenschaft und di Stefano nachempfundenem tenoralem Schmelz, der jüngste Fachwechsel ins jugendlich heldische konnte seine hochkarätige Stimme kaum beeinträchtigen. Den Baron Scarpia gab INGVAR WIXELL mit mächtigem Bariton, ausgefeilter Routine und grobschlächtiger Aufdringlichkeit nach bewährtem Muster: ein fummelnder Scarpia, warum nicht? Vom einheimischen Ensemble blieben der ohne Albernheit komische Mesner von KARL HEINZ HERR, der scharf konturierte Spoletta des JAKOB REES und die schön timbrierte Hirtenstimme der ILSE KÖHLER besonders vorteilhaft in Erinnerung. Ein begeistert akklamierter Puccini-Abend. .