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Orpheus 7-8/1980

LUCIA DI LAMMERMOOR - 19.6.1980

MANNHEIM - Festliche Opernabende—200 Jahre Nationaltheater

von KURT OSTERWALD

Auch das strahlendste Jubiläum nimmt einmal ein Ende und mit ihm auch die Sonderanstrengung und Mehrbelastung des Jubilars. Das mögen sich auch die Verantwortlichen des Nationaltheaters gedacht haben, die immerhin während ihrer Jubiläumsspielzeit neben vielen anderen Sonderveranstaltungen - eine, die Premiere der Auftragsoper „Der jüngste Tag“ von Giselher Klebe, steht, da diese Zeilen geschrieben werden, noch aus.

20 Gala-Abende absolvierten, Werke des Repertoires, aufgemotzt mit illustren Gästen. Nicht immer waren diese „Garnierungen“ eine Bereicherung; nicht durchweg brachte der finanzielle Einsatz künstlerischen Gewinn aber, das sei zugestanden, es gab durchaus Abende, deren überwältigende Atmosphäre lange im Gedächtnis bleiben wird..

Italiens Dirigenten-Nestor OLIVIERO DE FABRITIIS zelebrierte Donizettis LUCIA DI LAMMERMOOR mit einem interessanten, wenn auch nicht immer koordinierten internationalen Ensemble. Da wackelte es hin und wieder bedenklich zwischen Graben und Bühne, doch läßt sich insgesamt von einem packenden Opernabend berichten. Woran freilich der etwas unsensibel taktschlagende Dirigenten-Senior weniger Anteil hatte als einige Protagonisten mit bestechender Abendform. So die Interpretin der Titelpartie SONA GHAZARIAN, die Liebreiz in der Erscheinung mit einer technisch vollkommenen Stimmführung, erstaunlich viel „Metall“ im silbrig-weißen Koloratursopran und einer an großen Vorbildern meßbaren Darstellung verband. JOSE CARRERAS, an sich mit erlesenem Tenor gesegnet, ließ sich von seiner Partnerin mitreißen und sang die Finalarie des Edgardo „Fra poco a me ricovero" mit faszinierender Intensität und Bravour. Da hatte es der junge GARBIS BOYAGIAN als Enrico trotz mächtigem, unverbrauchtem Material schwer, zumal er gegen eigene musikalische Unsicherheiten und die mangelnde Unterstützung vom Pult ankämpfen mußte. Großartig und den Gästen absolut ebenbürtig war wieder der heimische Bassist ERICH KNODT als Raimondo.