Oper und Konzert 3/1986 |
Tosca - 16. 1. 1986 |
NATIONALTHEATER München |
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„Alla cantata ancor manca ha
Diva“, meint Scarpia. Aber die Diva mangelte nicht nur der Kantate im
Palazzo Farnese, sondern der ganzen Oper im Nationaltheater. Natalia
TROITSKAJA ist optisch eine Tosca, um die sich die Männer balgen können.
Manch einer mag sogar ihre schlecht imitierte Duse-Pathetik goutieren; die
Mehrheit wartet vergeblich auf nur einen glaubwürdigen, Anteilnahme
fordernden Augenblick in diesem theatralischen Getue. Wenn sie um den
abgestochenen Scarpia schreitet, das Kruzifix in der Rechten, dann bleibt
einem das Lachen im Hals nicht stecken. Und leider kam Natalia Troitskaja an
diesem Abend auch stimmlich aus der Provinz. Sie wirkte überanstrengt, die
dramatischen Ausbrüche waren forciert, der Stimme fehlte es an sinnlichem
Glanz, an Leidenschaft und Gluthauch. Die Karriere von Frau Troitskaja ist
mir ein Rätsel. Den Galeriebesuchern wohl auch, die aus ihrer Unzufriedenheit
keinen Hehl machten. Scarpia muß man nicht als Leibhaftigen spielen, ihn nicht lediglich
auf einen schwarzgefärbten Schurken mit Jabot festlegen. Aber so freundlich
wie ihn Juan PONS darstellt und fern jeder Dämonie singt, ohne die
Zwischentöne von Lüsternheit, Zynismus. Brutalität und seltsamer religiöser
Ekstase, hat ihn Puccini wohl auch nicht komponiert. Der junge Spanier setzt
seinen im Volumen noch gewachsenen Belcanto-Baßbariton verschwenderisch, aber
uncharakteristisch ein. Er verschenkt soviele Nuancen, daß man den Verdacht
zu hegen beginnt, er wisse nicht immer, was hinter den Noten steht. Was eine sensible Rollengestaltung über ein einzigartiges
Stimm-Material hinaus ist, demonstrierte Jose CARRERAS, obwohl er nicht zum
Besten disponiert war. Seine eminent sinnliche, warme Stimme schmiegt sich
der musikalischen Phrasierung optimal an, ob es nun eine zärtliche Melodie
ist, der leidenschaftliche patriotische Ausbruch, die Erinnerung an schöne
Stunden, eine Liebeserklärung: immer findet die feurige Stimme den
natürlichen menschlichen Tonfall der Lebensäußerung. |
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