Opernwelt 12/1980 |
In
authentischer Fassung |
Donizettis «Lucia di
Lammermoor» an der Covent Garden Oper in London |
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Als Paradenummer für den Koloratursopran gilt seit
Jahren die Titelrolle von Donizettis «Lucia di Lammermoor». Jesus López-Cobos
griff für seine Schallplattenaufnahme 1977 und für die Wiederaufnahme der aus
dem Jahre 1959 von Franco Zeffirelli ausgestatteten und in Szene gesetzten
Inszenierung auf die Originalfassung zurück. Die Wiederaufnahme wurde vom
ständigen Hauptregisseur der Royal Opera, Covent Garden, Ande Anderson überwacht.
Leider sind die alten, mottenzerfressenen Leinwände und Kostüme behalten
worden, so daß man sich besser auf die Musik konzentrierte. Was für einen Eindruck machten des Dirigenten
Ausbesserungen, seine vermeintliche «Rückkehr zu Donizetti»? Seit der Uraufführung
in Neapel 1835 haben die ehrgeizigsten Primadonnen diese anspruchsvolle
Glanzrolle um einen halben oder sogar einen ganzen Ton tiefer transponieren
lassen, um ihre stimmliche Virtuosität vor ihrem Publikum effektvoller
anbringen zu können. Der spanische Dirigent hat nun sämtliche transponierte
Tonarten und auch gestrichene Arien und Szenen wiederhergestellt. Neben dem Dirigenten debütierten sechs Sänger in ihren
Rollen in London. Katia Ricciarelli sang die Titelrolle zum ersten Mal. Dies
könnte eine gewisse Unsicherheit in ihrer gesanglichen Darstellung erklären.
Am Premierenabend litt sie, wie man nachher erfuhr, an einer Halsentzündung.
Eine eingehende Beurteilung wäre also hier fehl am Platz. Der stimmliche
Aufwand, den Joan Sutherland und Maria Callas auf dieser Bühne einmal
aufbrachten, war von Frau Ricciarelli nicht zu erwarten. Das hinderte das
Publikum keineswegs daran, ihre Leistung jubelnd aufzunehmen. Eine ähnliche
Publikumsaufnahme galt dem eher stattlichen Edgardo von José Carreras und dem
etwas pompösen Enrico des italienischen Baritons Giorgio Zancanaro wie auch
den sympathischen Darstellungen der beiden Ensemblemitglieder: Robin
Leggatte, dessen Arturo es jedoch an Italianità mangelte, und Robert Lloyd,
dessen sonst markanter Ramiro an einer unelastischen Stimmführung litt.
Dirigiert wurde mit Einfühlung und werkgerecht. Ossia Trilling DONIZETTI: LUCIA DI LAMMERMOOR. In der
handschriftlichen Originalfassung, herausgegeben 1977 von Jesús López-Cobos.
Premiere am 14. Oktober 1980. Musikalische Leitung: Jesús Lopez-Cobos; Regie:
Franco Zeffirelli, beaufsichtigt von Ande Anderson; Ausstattung: Franco
Zeffirelli; Chöre: John Barker. Solisten: John Dobson (Normanno), Giorgio
Zancanaro (Enrico), Robert Lloyd (Raimondo), Katia Ricciarelli (Lucia),
Elizabeth Bainbridge (Alisa), José Carreras (Edgardo), Robin Leggatte
(Arturo). |
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