Pinkerton José
Carreras, Goro - Francis Egerton, Suzuki - Noreen Berry, Sharpleß
- Delme Bryn-Jones, Cho-cho-san - Sung Sook Lee, Kommissar - David Clyde,
Mutter - Nada Pobjoy, Bonze - Richard Van AIIan, Kate - Anne Wilkens, Dirigent
- Gaetano Delogu, Inszenierung - Ande Anderson, Ausstattung - Sophie Fedorovitch |
....................So auch
bei der „Madama Butterfly" in London, bei der Jeanette Pilou absagte. Ihre
Stelle nahm SUNG SOOK LEE, eine Sängerin aus Korea ein, die sich in
Amerika bereits einen Namen gemacht hat und nun in London ihr britisches
Debüt feierte — nein, sie feierte nicht selbst, sie wurde gefeiert.
Ganz abgesehen, daß ihr reizendes Äußere ihrer Darstellung
entgegenkam, sie hat zudem eine vorzügliche Stimme, deren Ausdrucksspektrum
vom dramatischen Ausbruch bis hin zur lyrischen Kantilene reicht. Ihre
hohe Sing-Kultur wird ergänzt durch ein starkes darstellerisches Talent,
das sie die Leiden der betrogenen Cho-cho-san anrührend, aber niemals
rührselig gestalten ließ. Ihre Szenen im 2. Akt wurden zu Augenblicken
großer Opernkunst, wie sie heutzutage nur in seltenen Glücksfällen
noch zu erleben sind. Die Sängerin wurde glänzend flankiert von
NOREEN BERRY, die als Suzuki im Verlaufe des Abends eine stete Steigerung
durchmachte. Das war Geben und Nehmen, und das Blütenduett zeigte
die beiden Künstlerinnen in vollkommener Harmonie. Den Pinkerton sang
JOSE CARRERAS mit strahlendem Tenor voller Kraft und Schmelz. Ihm glaubte
man sogleich den flotten Leutnant, dem es nur darum ging, die süße
Japanerin zu vernaschen. Weniger verstand man, aber das ist eine Schwäche
der Vorlage, warum wohl der Konsul Sharpleß an diesem „Windhund“
solch gütiges Interesse zeigt. DELME BYRN-JONES verkörperte den
Diplomaten mit Bonhomie und kultiviertem Bariton. Den gerissenen Goro spielte
(weniger: sang) FRANCIS EGERTON als widerliche Kreatur, und ANNE WILKENS
war die amerikanische Pinkerton-Gattin. Mit Recht schloß das Publikum
in seinen Jubel auch den Dirigenten GAETANO DELOGU mit ein. Er hatte einen
wunderbar schlanken, dabei doch kraftvollen Puccini geboten, der ohne Schlacken
und süßlichen Zierrat sich in all seiner berückenden Schönheit
und fremd-vertrauten Zartheit entfalten konnte. Star des Abends aber war
gewiß die Sängerin der Titelpartie. Man darf sicher sein, daß
die Londoner sie schon bald — und dann nicht als Ersatz, sondern als Attraktion
— werden wiedersehen dürfen.
Dr. R. Nork - |