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Orpheus 6/1987

ALTES UND NEUES

ITALIEN

Ausschnitt - I Pagliacci, Milano

Es war am selben Abend das Hausdebüt von JOSE CARRERAS als Canio in Leoncavallos "Pagliacci", das Spannung und gemischte Erwartung auslöste („Singt er nun oder nicht...?“). Umso erleichterter und beglückter war man, als man nach der ersten Arie feststellen konnte, daß er nicht nur frei und beinahe mühelos sang (einzig die Höhen wirkten gehemmt), sondern einen zu Herzen gehenden, Sympathie erregenden Mann darstellte, der nicht anders konnte, als seine Liebe zu morden. Das war eine beachtliche darstellerische und vor allem sängerische Leistung! DIANA SOVIERO verfügte als Nedda zwar nicht unbedingt über die schönste aller Sopranstimmen, aber — abgesehen von kleinen Einschränkungen in Höhe wie Tiefe — über dieses gewisse Quentchen Sex, der diese Frauenrollen und eine Bühnenerscheinung so besonders macht — ganz toll, und als Schauspielerin war sie aufsehenerregend. Das konnte man von dem stimmlich wie schauspielerisch steifen ANGELO ROMERO als ihrem Galan nicht sagen, und auch die Verpflichtung von JOHN RAWNSLEY als rauher Tonio blieb ein Geheimnis der Direktion. WILLIAM MATTEUZZI konnte als Peppe gefallen mit seinem agilen und leichten Tenor. Die bekannte Inszenierung von FRANCO ZEFFIRELLI, der auch die Bühne (TV-erprobt in den Kostümen von ANNA ANNI) geschaffen hatte, verlegte die Szene in die dreißiger Jahre und war weitgehend von ungebrochener Spannung und Plausibilität. GIUSEPPE PATANE dirigierte hier nun weitaus federnder, mit großen lyrischen Bögen und gleichzeitig mit Sinn für die vielen interessanten Details in Leoncavallos Musik, die dem, wie meist, exzellenten Orchester der Scala wie Mozzarella auf einem Tramezzino lagen —ein dichter Abend! — GEERD HEINSEN -