Opernwelt 6/1987 |
La gloria di Carreras |
Mailänder Scala - I
Pagliacci - Premiere 12.4.87 |
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Franco Zeffirelli hat die Welt der Wanderkünstler
realistisch eingefangen. Wie immer bei ihm sind die choreographischen Details
sorgsam ausgearbeitet. Die Inszenierung, die er an das Ende der dreißiger
Jahre verlegt hat, stammt von 1981, wurde damals mit der gleichzeitig von ihm
inszenierten Mascagni-Oper «Cavalleria Rusticana» auf der Scalabühne mit Placido
Domingo verfilmt und gab den Auftakt zu seiner Filmopernserie. Der diesjährige Canio hieß José Carreras. Die Rolle ist neu in seinem
Repertoire. Im Juni vorigen Jahres stand er mit ihr zum ersten Male in Madrid
auf der Bühne. Nun stellte er sich den Mailändern und ersang sich mit
tenoraler Strahlkraft und leidenschaftlicher Rollengestaltung einen
persönlichen Erfolg. Carreras, ein sensibler Interpret, läßt alle Facetten
der menschlichen Verzweiflung, Zerrissenheit und Resignation aufklingen. Er
verleiht dem eifersüchtigen Canio ein erschütterndes, veristisches Profil. In die Gunst des Publikums sang sich auch Diana Soviero, eine hübsche,
zierliche Nedda, die nicht nur mit facettenreicher, schön klingender Stimme,
sondern auch mit Bühnentemperament überraschte. Sie gab ihr Scala-Debüt und
gestaltete eine mädchenhafte Nedda. Der rachesüchtige Tonio-Taddeo war John
Rawnsley, der zwar mit strömendem Bariton, aber ohne Durchschlagskraft den
Prolog sang, sich dann im Verlaufe des Abends stimmlich steigerte. Ein
intensiv singender, wenig verführerischer Silvio war der Bariton Angelo
Romero. Den neckisch ausgelassenen Harlekin sang mit frischer, heller
Tenorstimme William Matteuzzi. |
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