Gegen Ende der Spielzeit
wurde „Don Carlos“ (11.6.) zur Festaufführung im wahrsten Sinne des
Wortes. Am Pult stand der lang vermißte GIUSEPPE PATANE, der eine
selten erlebte Einheit zwischen Orchestergraben und Bühne herstellte.
Sein Verdi gerechtes, leicht trockenes Brio ist allerdings hierzulande
nicht jedermanns Geschmack. Silvia Sass, als Elisabetta mit begreiflicher
Spannung erwartet, wurde leider kurzfristig durch MANI MAKLER ersetzt,
die über eine angenehm lockere Höhe verfügt, mit dieser
dramatischen Partie freilich überfordert schien. lntonationstrübungen,
eine teilweise substanzarme Mittellage und vor allem auffallende Probleme
mit der Atemführung kennzeichneten eine nur achtbare Leistung. Da
hatte es LIVIA BUDAI viel leichter. Mit ihrer großen, schönen
Stimme und ihrer sauberen lntonation stand sie die schwierige Rolle der
Eboli fast mühelos durch. Einen klangschönen Philipp sang MARTTI
TALVELA. Doch vermochten auch herrliche piani und mächtige Stimmausbrüche
nicht darüber hinwegzutäuschen, daß dem Künstler die
zwielichtige Figur wenig liegt. Darstellerisch voll überzeugen konnte
er lediglich in der Großinquisitor-Szene mit dem ausgezeichneten
KARL HELM. Das große Ereignis des Abends aber waren die Szenen mit
JOSE CARRERAS und WOLFGANG BRENDEL, die dank der offensichtlich starken
gegenseitigen Übereinstimmung (ob es auch an der Gleichaltrigkeit
liegt?) die innige Verbindung der Freunde auf ungewöhnlich eindrucksvolle
Weise vermittelten. Daß der Spanier der heute glaubhafteste Carlos
ist, dürfte keine Neuigkeit sein. Doch an diesem Abend übertraf
er sich selbst, indem er seine herrliche Stimme mühelos durch alle
Register bewegte, mit tadelloser Phrasierung begeisterte und mit einer
breitgefächerten Skala zwischen strahlenden Fortissimi und hochsensibel
genommenen Piano-Tönen überraschte. Kein Wunder, daß es
nach jedem Bild für die Sänger und den Dirigenten begeisterten
Applaus gab. |