Oper und Konzert |
NATIONALTHEATER - München |
Don Carlos - 11.6.1981 |
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Nach rund zehnjähriger Abwesenheit kehrte Giuseppe
PATANÉ ans Dirigentenpult der Staatsoper zurück und demonstrierte dem mit
spürbarer Begeisterung reagierenden Publikum, wie ein versierter,
überlegener, mit musikalischem Geschmack, Delikatesse und untrüglichem Gefühl
für die sängerischen Belange zu Werke gehender Dirigent die
Repertoirevorstellung einer — verhältnismäßig lange nicht mehr gespielten —
italienischen Oper aus dem Feuer zu reißen und ihr großes Format, Effetto und
Brio, orchestrale Klangpracht und Begleitungsgeschmeidigkeit Dramatik und
Lyrik zu ermitteln vermag. Patané bewies im „Don Carlos", daß er die
prunkenden Effekte der „Großen Oper“ und die Sensibilität Verdischer
Charakterisierungskunst Italianità und glutvolle Verve auf den gemeinsamen
Nenner hinreißenden Musizierens zu bringen weiß. Die Vorstellung war gewiß
nicht gänzlich unbelastet von kleineren Schnitzern im Orchester und auf der
Bühne, aber sie war trotzdem wie aus einem Guß! Der enthusiastische Beifall
für den früher hier häufig zu Gast gewesenen Maestro stellte förmlich ein
Plebiszit für seine wieder möglichst enge Bindung an unsere Oper dar (die ein
Blick auf das Programm der Festspiele und auf die angekündigten Novitäten der
kommenden Spielzeit ohnehin erhoffen läßt!). Anstelle von Sylvia Sass gastierte als Elisabeth Mani MEKLER (von der
Rhein-Oper Düsseldorf-Duisburg), die sich damit begnügte, die spanische
Königin als verschüchtertes Vögelchen im goldenen Käfig zu zeichnen und ihr
die Haltung hoheitsvollen Stolzes und tapfer entsagender Liebe weitgehend
vorenthielt. Ihr hell timbrierter Sopran wies oft ein starkes Vibrato auf,
das dann die Gesangslinien unruhig erscheinen ließ; lyrische Dolcezza,
verinnerlichtes Gefühl und warme Herzlichkeit teilten sich in Stimme und
Gestaltung zu wenig mit. Martti TALVELA war ein reckenhafter König von
imponierender Baßgewalt, die im Monolog zum ergreifenden Ausdruck
selbstversunkener, schmerzlicher Klage zurückgenommen wurde. Eine bezwingende
Leistung gelang wieder Livia BUDAI (Eboli), deren impetuoser Emphatik man
vereinzelte kleine Ungenauigkeiten im (manchmal gefährlich hart
anschlagenden) Tonansatz gerne nachsah. Eitel Jubel des ausverkauften Hauses
gab es nicht nur für sie, sondern auch für Wolfgang BRENDEL (Rosa), in dessen
balsamische „Bel-Cantilenen“ sich manchmal Manierismen einschlichen. Hingegen
wurde José CARRERAS (Carlos) am Schluß rüde angebuht, obwohl er viel
tenoralen Glanz bei allerdings befremdlicher darstellerischer Lethargie, bei
zuweilen etwas schmal werdenden Spitzentönen und bei manchmal zu ungebremster
Neigung zu bravourösem Schmettern geschenkt hatte. (In den
Mißfallensäußerungen offenbarte sich wohl mehr die Aversion von Anhängern
anderer Stars als wirklich kritische Bewertung ‚die in dieser Form und
Schärfe trotz der zu erhebenden Einwände absolut unverständlich gewesen
wäre!) Nicht ganz so aufregend und bedrohlich wie sonst gestaltete Karl HELM
die Auftritte des Großinquisitors. Klar und rein, wenn auch nicht unbedingt
engelhaft und seraphisch tönte Barbara CARTERS Koloratursopran in der
Autodafé-Szene als Himmelsgruß aus der Proszeniumsloge des 3. Rangs. Mit
Marianne SEIBEL (Tebaldo), Karl Christian KOHN (Mönch) und Friedrich LENZ
(Lerma) waren die wichtigsten Nebenrollen gewohnt gut besetzt. |
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