Orpheus 10/1984 |
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Carmen - Wiesbaden |
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Einen weiteren Höhepunkt des Züricher Gastspiels
bot die JEAN- PIERRE- PONNELLE- Inszenierung von Bizets „Carmen“. Die
Aufführung, die sich auf die französische Dialogfassung verließ und deren
Bühnenbilder der Regisseur ebenfalls besorgt hatte (Kostüme: WERNER JUHRKE),
bot spannendes Drama vom ersten bis zum letzten Moment, von aller falschen
Zigeunerfolkloristik meilenweit entfernt. Mit atemberaubender Präzision
gelingt es Ponnelle, die Koordination der Handlung exakt herauszuarbeiten,
die durchaus weltlichen Bedingungen dieses „Schicksalsdramas“ schon mit der
ersten Szene völlig deutlich werden zu lassen. Im Mittelpunkt, darstellerisch
wie musikalisch, steht die Carmen der AGNES BALTSA, die mit hochintelligentem
und leidenschaftlichem Einsatz ihrer Mittel verständlich macht, wie diese
Frau alles auf eine Karte setzt, um in einer durch und durch patriarchalisch
strukturierten Welt Identität und Autonomie zu behaupten. Daß sie am Ende
dazu gerade dem offenkundigsten Vertreter des „machismo“ ‚ nämlich dem
gefeierten Idol Escamillo, folgen muß, ist tragische, aber konsequente
Ironie. Agnes Baltsa vermag die Dimensionen dieser Figur vom ersten Moment an
zu vermitteln, wobei sich schauspielerisches und sängerisches Vermögen ideal
ergänzen. JOSE CARRERAS als Jose trumpfte daneben mit eher vordergründigen
stimmlichen Mitteln auf, wozu ihm sein sicherer, strahlender Tenor die
Voraussetzungen bot. Als Darsteller vermochte er mit seiner Partnerin nicht
mitzuhalten. BEATRICE HALDAS fand für die Rolle der Micaela wunderschöne
Töne, auch wenn sie vielleicht allzu hausbacken und bieder wirkte. Eine
vorzügliche Gestaltung des Zuniga bot JOSZEF DENE, dem es gemeinsam mit
ROBERT HALE (Escamillo) zufiel, die Verkrampfungen übersteigerter
Männlichkeit glaubhaft machen zu müssen. RUTH ROHNER als Frasquita und HELRUN
GARDOW als Mercedes vermochten ebenso zu überzeugen wie DAVID MIDBOWE in der
Rolle des Morales. Ein besonderes Lob verdient der Kinderchor des Zürcher
Opernhauses, der mit seiner Spielfreude und Musikalität zum Niveau der
Aufführung nicht unwesentlich beitrug, wobei die erwachsenen Kollegen nicht
nachstanden (Chöre: ERICH WIDL). Das Tonhallenorchester wurde an diesem Abend
von RALF WEIKERT geleitet, der die Partitur transparent zu machen wußte, wenn
auch vielleicht an einigen Stellen, was die Lautstärke betraf, weniger mehr
gewesen wäre. |
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