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Orpheus 12/1982

 

La Traviata  - Wien  - 3.9.82

 

Nach einer eher bescheidenen Wiederaufnahme der „Entführung aus dem Serail“ (2. 9.) mit dem problematischen Debüt von FAYE ROBINSON als Konstanze, lernte der neue Hausherr spätestens bei seiner dritten Vorstellung (3. 9.) — einer „Traviata“-Reprise mit Superbesetzung — das kennen, was man in Wien als echten Erfolg bezeichnen kann. EDITA GRUBEROVA ist nun auch in dieser Rolle ein Ereignis. Wie sie die „lebenshungrigen“ Koloraturen des ersten Akts mit einer unglaublichen Ausdruckstiefe in den nachfolgenden „lyrischen“ Akten verbindet, wie sie ein ganz neues Bild der Kameliendame — fernab jeder mondänen Koketterie — entstehen läßt, wie sie durch Schlichtheit und Innigkeit berührt: eine solche Violetta findet man heute kaum ein zweites Mal. Da aber auch ein entsprechender „Märchenprinz“ in der Person von JOSE CARRERAS für den Alfredo zur Verfügung stand und in LEO NUCCI ein Vater Germont angesetzt war, der die Gefahr einer allzu larmoyanten Konfrontation Violetta -George Germont erst gar nicht aufkommen ließ, kann man ohne Übertreibung von einem großen Abend der Wiener Staatsoper sprechen. Und auch der Dirigent NELLO SANTI machte diesmal fast alles wett, was er bei „Tosca“ mitverursacht hatte. So endete die dritte Vorstellung der neuen Ära mit Jubel, Trubel und einem Blumenregen.

Michael Eisenblätter