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Orpheus 9 -10/1983
ITALIEN - RAVENNA - FESTSPIELEINDRÜCKE 
La Bohème
Höhepunkte des 7. Ravenna Festivals, das diesen Sommer stattfand, waren drei Operninszenierungen und das Requiem von Verdi. Alle Aufführungen wurden in der aus dem 15. Jahrhundert stammenden Festung Brancaleone gegeben, die jetzt als Park und Freilichttheater für fast 3000 Besucher dient. Die kleinere Bühne und das Auditorium der Rocca Brancaleone sind sehr viel intimer als der große Bruder in Verona, aber wie bei allen Freilichtaufführungen hindern akustische Schwierigkeiten Sänger und Musiker, ihr Bestes zu geben. 

Es mag ungewöhnlich sein, bei den Sängern zuerst die Musetta zu nennen, aber MARGHERITA GUGLIELMI beherrschte die Szene so sehr, daß es falsch wäre, sie nicht an erster Stelle zu nennen. Ihre Musetta besaß solche Intensität und Tiefe des Gefühls, daß man sehr schnell begriff, warum sich die meisten Opernhäuser der Welt um sie reißen. Der Bariton ALBERTO RINALDI als Marcello war ihr ein durchaus ebenbürtiger Partner. JOSE CARRERAS fand seine Idealform im 3. und 4. Akt, ein überaus bewegender und ausdrucksstarker Rodolfo. MIETTA SIGHELES Mimi gewann im Verlauf des Abends an Statur und hatte ihren Höhepunkt in der Sterbeszene, wo sie ihr leicht manieriertes Spiel aufgab und endlich zur Mimi wurde. Ausgezeichnet ARMINDO ???lOSTINI als Schaunard und GIANCARLO LUCCARDI als Colline. Ob es nun das Verdienst der Regie von FLAVIO AMBROSINI ist oder ganz einfach an der Begeisterung der Sänger lag, jedenfalls stimmte bei dieser Inszenierung alles. 

Jeffrey Alexander